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Reformaion und kirchliche Einheit

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In der "Kommunität St. Michael" kennt man durchaus den Unterschied zwischen dem Neuen Testament und der Geschichte der Kirche, lehnt aber sogenannte "Verfallstheorie" (oder "Dekadenz-Theorie") ab.  Es gibt unbestreitbar ein Fortschreiten in der Erkenntnis der christlichen Lehre. Aber es ist dabei so wie bei einem Samen und einer wachsenden Pflanze: Eine Eiche bleibt eine Eiche – ob als Eichel oder als hundertjähriger Baum. Wenn aber die Eiche neu wird, das heißt, wenn sie plötzlich zum Beispiel eine Tanne wird, dann ist das nicht normal. Organisches Wachstum ist ein Zeichen von gesundem Leben. Wesensmäßige Entartung ist krankhaft.

Auch wenn uns selbstverständlich bekannt ist, daß es beklagenswerten Abfall und Verfall in der Geschichte der Kirche gab, gibt und geben wird, wissen wissen wir, daß die Geschichte der Kirche nicht im Jahre 1517 mit der Reformation beginnt! Dankbar blicken wir zurück vieles, was Gott Seiner Kirche in der Zeit vor der Reformation geschenkt hat. Dankbar und gern höre wir daher auf die Stimmen der Väter des Glaubens - auch auf das Zeugnis der vorreformatorischen Glaubenszeugen.

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Wie sehr leicht nachzuweisen ist, wollten die lutherischen Reformatoren keine kirchliche Neubildung. Es ging ihnen nicht um einen neuen Glauben, sondern um einen erneuerten Glauben, der kein anderer Glauben ist als der, "der ein für allemal den Heiligen überliefert ist." (Jud 3)

Die Reformatoren hatte keineswegs die Spaltung der Christenheit und die Entstehung verschiedener Konfessionen im Sinn, sondern wollten lediglich biblisch begründete und darum "allgemein-christliche", also im ursprünglichen Wortsinne "katholische" Wahrheiten, die im 16. Jahrhundert durch Mißbräuche und theologische Unklarheiten verdunkelt waren, wieder in das rechte Licht stellen. Eine konfessionelle Sonderexistenz reformatorischen Christentums war nicht die Absicht der Reformatoren und ist ganz gewiß nicht die Absicht Gottes.

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Daß dies auch die Sicht der Reformatoren und ihrer Nachfolger war, läßt sich leicht nachweisen:

  1. Am Ende der "Konkodienformel", einer lutherischen Bekenntnisschrift, wird im "Catalogus Testimoniorum" anhand eines "Verzeichnisses der Zeugnissen heiliger Schrift und der alten reinen Kirchenlehrer" nachgewiesen, daß man nicht von der alten Kirche abgewichen sei.
     
  2. Der Erste Teil des wichtigste lutherischen Bekenntnisses, des Augsburgischen Bekenntnisses, endet:

Weil denn diese Lehre in der Heiligen Schrift klar begründet ist und außerdem der allgemeinen christlichen, ja auch der römischen Kirche, soweit das aus den Schriften der Kirchenväter festzustellen ist, nicht zuwider noch entgegen ist, meinen wir auch, daß unsere Gegner in den oben aufgeführten Artikeln mit uns nicht uneinig sind.

Das 1530 dem Kaiser übergebene lateinische Original dieser evangelischen Bekenntnisschrift hat an der Stelle, die im deutschen Text mit "allgemein christliche" übersetzt worden ist, das Wort "catholica".

Entsprechendes findet sich auch am Schluß des Zweiten Teils dieses Bekenntnisses, wo die Evangelischen Wert auf die Feststellung legen, daß von ihnen

nichts, weder in der Lehre noch in den Zeremonien übernommen worden ist, das entweder der Heiligen Schrift oder der allgemeinen christlichen Kirche entgegensteht.

Hier findet sich im lateinische Originaltext anstatt "allgemeine christliche Kirche" die Wendung "ecclesia catholica".

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Reformatorisches Christentum hat seinem ursprünglichen Willen und Auftrag nach seinen Platz in der einen ungeteilten Kirche. Wenn jedoch Re-formation zur De-formation wird, dann muß bei denen, die sich auf die Reformation berufen, eine Rückformung erfolgen, nicht aber ein Weitergehen auf verderblichen Wegen. Darauf immer wieder hinzuweisen, ist von Anfang an eines der Anliegen der Hochkirchlichen Bewegung (siehe: Stimuli et clavi).

Die "Kommunität St. Michael" weiß sich im Einklang mit der ursprüngliche Intention der lutherischen Reformation! Wir verstehen unseren evangelischen Glauben als den dem Evangelium entsprechenden Glauben, der zugleich im überkonfessionellen Sinne der "katholische" Glaube ist. Dieser "katholische" (das heißt: allgemein-christliche Glauben) ist kein anderer Glauben als der, der "den Heiligen ein für allemal übergeben worden ist (Jud 3) und "überall, immer, von allen geglaubt worden ist".

Wir glauben fest:

  • Was wahrhaft "evangelisch" (= evangeliumsgemäß) ist, das ist auch wahrhaft "katholisch" (= allgemein-christlich).
  • Was nicht wahrhaft katholisch (= allgemein-christlich) ist, das ist auch nicht wahrhaft evangelisch (= evangeliumsgemäß).

Wir vertreten gewissen Wahrheiten nicht, weil sie römisch, wohl aber, weil sie göttlich, weil sie apostolisch, weil sie biblisch und weil sie allgemein-christlich sind.

Wenn bei uns Wahrheiten zur Sprache kommen, die ein evangelischer Christ für gewöhnlich nur in ihrer römisch-katholischen Verwirklichung kennt, so mag das als ein Hinweis darauf verstanden werden, wie sehr das Wort Gottes heute die getrennten Christen zueinander weist.

Wir überlassen es getrost Gott, was solche biblischen und evangelischen Entdeckungen allgemein-christlicher Wahrheiten bedeuten kann für ein besseres Hören der römisch-katholischen Brüder auf unsere evangelische Kritik und für die Wiedergewinnung der sichtbaren Einheit der Kirche.

Die Erfüllung des reformatorischen Auftrages zur Erneuerung der Kirche wird aber davon abhängen, daß ... schwerwiegende Irrtümer in Glauben und Lehre der evangelischen Christenheit ausgeschieden werden und die verlorenen Wahrheiten der universalen Kirche wiedergewonnen werden. Eine evangelische Christenheit, die diese Buße umgeht, hat keine Verheißung vom Herrn, ein Teil der einen heiligen, katholischen und apostolischen Kirche zu werden und dem kranken Leib Leibe Christi zur Genesung zu dienen. Sie hat nur die Verheißung: "Seine Feinde werde ich in Verwirrung stürzen."

Aus: "Ein Hilferuf aus der Kirche für die Kirche" (1955) von Max Lackmann


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