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Die Kirche feiert die Bekehrung des Völkerapostels als Großtat des mächtigen und liebenden Gottes: Saulus, ein Pharisäer ohne Fehl und Tadel und Verfolger der christlichen Gemeinde, wird zum Verkündiger des Evangeliums und zum Apostel der Nichtjuden berufen. Der Völkerapostel Saulus wird in der Apostelgeschichte allerdings nicht - wie oft fälschlich angenommen - seit seiner Bekehrung Paulus genannt. Den römischen Namen Paulus nennt Lukas in seiner Apostelgeschichte erst ab Kapitel 13: von dem Zeitpunkt an, als nämlich "Saulus aber, der auch Paulus heißt", in der römischen Welt zu missionieren begann. Vermutlich ist dies der Name, den der Jude Saulus als Inhaber des römischen Bürgerrechts trug (Apg 16,37; 22,25; 23,27). Saulus, ein Kind jüdischer Eltern wurde in Tarsus, einem Ort im Südosten Kleinasiens geboren und streng im Glauben der Väter erzogen. Ihn zog das Pharisäertum besonders an, so daß er bei dem gelehrten und berühmten Rabbi Gamaliel in die Schule ging. Er lernte die rabbinische Auslegungskunst, beschäftigte sich mit der Schrift in ihrer Ursprache, dem Hebräischen, und erlernte außerdem das Aramäische, die Sprache Jesu. Seine anfängliche Haltung zur wachsenden Christengemeinde kennen wir von der Erzählung über den Tod des Stephanus:
Paulus wollte die Lehre und Überlieferung des Gottesvolkes des Alten Bundes rein erhalten. Deswegen reiste er nach Damaskus, ausgerüstet mit der Vollmacht des Synhedrin, Christen gefangenzunehmen und nach Jerusalem zum Verhör zu bringen. Als Saulus auf dem Weg dem Herrn Jesus Christus
begegnete, erblindete er. Nach drei Tagen sandte der Herr den Christen Hananias
von Damaskus zu Saulus.
In der kirchlichen Überlieferung heißt es, daß Hananias der Bischof von Damaskus
war und zu den zweiundsiebzig Jüngern gehört haben soll, die Jesus ausgesandt
hatte.
Daß hier ausdrücklich eine Handauflegung im Zusammenhang mit dem Geistempfang genannt wird, erinnert an Apg 8,17 und andere Bibelstellen.
+++ Daß Jesus Saulus vor Damaskus fragt: "Was verfolgst du mich?"
und nicht etwa: "Was verfolgst du meine Gemeinde?" oder: "Was verfolgst du
meine Anhänger?" zeigt deutlich, wie der Herr selbst die Kirche sieht. Kirche und Christus sind eins: 1 Kor 1,13; 12,12.27. Man kann nicht sagen: Hier Jesus, dort die Gemeinde. Wo eins ist, ist auch das andere. Jesus als das Haupt und die Gemeinde als der Leib gehören ganz eng zusammen. Der Kirchenvater Ausgustinus schreibt darum in diesem Zusammenhang vom „ganzen Christus“. Der „ganze Christus" ist "mehr" als Jesus. Der „ganze Christus“ ist Haupt und Leib: Jesus, das Haupt und die Gemeinde, der Leib.
Bonhoeffer schreibt in seiner „Ethik“:
Kirche ist also nichts neben oder außer Christus, sondern – recht verstanden – „der fortlebende Christus auf Erden“. Besseres und Höheres kann man eigentlich nicht über die Kirche sagen als daß sie „nicht eine Religionsgemeinschaft von Christusverehrern (ist), sondern der unter Menschen gestaltgewordene Christus.“ Die Kirche ist kein "Verein", der durch seine versammelten Mitglieder geschaffen wird. Die Kirche Gottes ist dabei nichts Neues neben oder außer
Jesus Christus, sondern als Leib und Werkzeug Christi „verlängert“ sie quasi
Sein erlösendes Handeln in Zeit und Raum: Weil die Kirche Gottes Kirche nichts anderes ist als der fortlebende Christus, Sein lebendiger Leib in der Welt, darum wurde Paulus nicht gefragt: "Was verfolgst du meine Kirche?", sondern wurde vom Herrn gefragt: "Was verfolgst du Mich?" |