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Fasten? - Ich bin so frei!

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Mit dem Aschermittwoch beginnt die vierzigtägige Fastenzeit. Sie endet am Karsamstag. Da an einem Sonntag, dem Tag der Auferstehung und Freude, nicht gefastet wird, muß die Fastenzeit am Aschermittwoch beginnen, um bis Ostern 40 Fastentage "voll" zu haben.

Die Zahl "40" ist in diesem Zusammenhang bedeutungsvoll. Sie ist in der Geschichte Gottes mit Seinem Volk meist mit Sühne, Buße und der Vorbereitung auf ein rettendes Eingreifen Gottes verbunden.

  •  40 Tage und 40 Nächte regnete es bei der Sintflut.
  •  Mose fastete 40 Tage, bevor er von Gott auf dem Sinai die Thora empfing.
  •  40 Jahre lang mußte das Volk Israel durch die Wüste wandern, bevor es das Gelobte Land betreten durfte.
  •  Unter vierzigtägigem Fasten wanderte der Prophet Elias zum Berg Horeb.

  •  Unser Herr Jesus Christus selbst fastete vor seinem öffentlichen Auftreten 40 Tage lang.

In den protestantischen Gemeinschaften wird keine besondere Fastenzeit vorgeschrieben. Das ist eine höchst zweifelhafte Entwicklung. Jesus prophezeit in Lk 5,33ff., daß Seine Jünger fasten werden. Gehören die Evangelischen etwa nicht dazu? 

Daß in der evangelischen Christenheit selten gefastet wird, ist nicht Schuld der lutherischen Reformation, wenn man davon absieht, daß Hinzu kommt vielleicht, daß die Abschaffung des kirchlichen Fastengebotes der angeborenen „Trägheit des Fleisches“ und dem menschlichen Widerwillen gegen Verzicht sehr entgegen kam.

Im Kleinen Katechismus Martin Luthers wird das Fasten jedenfalls ausdrücklich "als eine feine äußerliche Zucht" empfohlen, jedoch nicht ohne den Hinweis, daß der "recht würdig und wohl geschickt", sei, der dem Wort Gottes glaubt.

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Aufrufe zum Verzicht sind in unserer Zeit nicht mehr nur eine rein christliche Angelegenheit. Verzicht wird heute auch von denen propagiert, die sich um unsere Umwelt oder unsere Gesundheit sorgen.

Neu eingeführt worden ist im protestantischen Raum  die Aktion "7 Wochen Ohne", die den Verzicht auf bestimmte Genußmittel oder Luxusgüter aus gesundheitlichen und sozialen Gründen empfiehlt. Sieben Wochen ohne, das heißt: ohne Pralinen, oder: ohne Alkohol, oder: ohne Zigaretten oder mit eingeschränktem Medienkonsum … 

Mancher denkt vielleicht: "Es ja ohnehin Zeit für eine kleine Frühjahrsdiät: Ein paar Pfunde weniger wäre ja nicht schlecht ..." Was dieser "Fasten" nennt, tut er doch im Grunde nur für sich selbst, um noch ein bißchen schlanker, noch ein bißchen fitter, noch ein bißchen schöner zu sein. 

Soll das ein Fasten sein, an dem Gott Gefallen hat?"
Jes 58,4

Als ihr fastetet und Leid trugt im fünften und siebenten Monat diese siebzig Jahre lang, habt ihr da für mich gefastet?
Sach 7,5

Diese in vielen Gemeinden seit 1983 praktizierte Aktion „Sieben Wochen ohne“ ist besser als gar nichts. Aber sie greift zu kurz, wenn der eigentliche Zweck des Fastens, das Zur-Ruhe-Kommen“ der Seele, verfehlt wird. Viel wichtiger ist es, gerade in der Fastenzeit möglichst keinen Gottesdienst zu versäumen und fleißiger von den Gnadenmitteln Abendmahl und Beichte Gebrauch zu machen.

Sicher bringt Verzicht auf bestimmte Speisen oder auf Luxus auch unserer Gesundheit etwas. Ganz bestimmt tut es der geschundenen Schöpfung gut, wenn wir unsere Autofahrten auf das Maß des Notwendigen beschränken. Aber wie schnell geschieht hier wieder alles um unserer selbst willen. Wieder und wieder steht der Mensch im Mittelpunkt. Christliches Fasten soll aber gerade von uns weg hin auf Gott weisen.

Beim christlichen Fasten geht nämlich es in erster Linie weniger um die Schöpfung und die physische Gesundheit des Geschöpfes, sondern vielmehr um unsere geistliche Gesundung und unsere Begegnung mit dem Schöpfer.
Wer fastet zeigt damit, daß er sich auf das Wesentliche konzentrieren will. Darum ist das Fasten, der Verzicht auf elementare Dinge des täglichen Lebens in der Hl. Schrift immer mit mit einem "Mehr" an Gebet verbunden.

Entscheidend für die Beurteilung eines Verzichtes ist darum nicht die Frage, auf was konkret verzichtet wird und wie "weh" dieser Verzicht tun. Entscheidend ist die Frage: Bleibe ich doch bei mir selbst oder suche ich mehr die Nähe Gottes durch Gebet und Gottesdienst. Viel wichtiger ist es, gerade in der Fastenzeit möglichst nicht auf Gottesdienst und Gebet zu verzichten und fleißiger von den Gnadenmitteln Abendmahl und Beichte Gebrauch zu machen.

 

Lob der Enthaltsamkeit

Die Abschaffung des kirchlichen Fastengebotes im Raum der evangelischen Christenheit wird gern damit begründet, daß man es nicht mit dem meint vereinbaren zu können, was man unter „evangelischer Freiheit“ versteht. Gar mancher Protestant pocht gern auf die Tatsache, daß Christus uns alle „zu Königen und Priestern gemacht hat vor Gott, seinem Vater“ (Offb 1,6). Wer jedoch zum „königlichen Priestertum“ (1 Petr 2,9) gesalbt ist, der lerne und übe vor allem anderen, sich selbst zu beherrschen!

Die "enkráteia" ("Selbstbeherrschung", "Enthaltsamkeit“, „Keuschheit“) ist nach Gal 5,23 neben der Liebe eine Teilfrucht des Hl. Geistes.

Un-Enthaltsamkeit (in der Form ungehemmter Befriedigung von Eßlust) wurde Anlaß zur ersten Sünde der Stammeltern und zur Erbsünde: 1 Mose 3,6.
Neben Adams Fall finden wir noch weitere Beispiele in der Hl. Schrift dafür, daß es todbringend ist, die Begierden nicht zu zügeln: Noahs Schande (1 Mose 9), Sodom und Gomorras Untergang (1 Mose 19), die Vertilgung der Söhne Elis (1 Sam 2), Israels Verderben (4 Mose 11 + 25). Immer gilt:

Wenn die Begierde empfangen hat, gebiert sie die Sünde; die Sünde aber, wenn sie vollendet ist, gebiert den Tod.
Jak 1,15

Wir leben in einer Zeit und Kultur, die das das hemmungslose Ausleben aller Triebe propagiert. Zügellosigkeit ist aber nach 2 Tim 3,3 geradezu ein Kennzeichen der endzeitlichen Menschheit.
Davon wird auch die Christenheit nicht verschont bleiben. In den letzten Tagen werden nach 2 Petr 3,3 Spötter kommen, welche die Hoffnung auf die Wiederkunft des Herrn aufgeben und "ihren eigenen Begierden nachgehen".

Schon seit den Anfängen der Kirche wird die Enthaltsamkeit unter Berufung auf eine falsch verstandene christliche Freiheit lächerlich gemacht: 2 Petr 2,10a.18-19f. Schon damals gab es solche, die

dienen nicht unserm Herrn Christus, sondern ihrem Bauch; und durch süße Worte und prächtige Reden verführen sie die Herzen der Arglosen.
Röm  16,18

An anderer Stelle klagt der Apostel Paulus:

Viele leben so, daß ich euch oft von ihnen gesagt habe, nun aber sage ich's auch unter Tränen: sie sind die Feinde des Kreuzes Christi. Ihr Ende ist die Verdammnis, ihr Gott ist der Bauch, und ihre Ehre ist in ihrer Schande; sie sind irdisch gesinnt.
Phil 3,18f.

 

Fasten und Freiheit

In der vor uns liegenden Fasten- und Passionszeit, die besonders dem Gedächtnis des Leidens und Sterbens unseres Herrn Jesu Christi gewidmet ist, sollten wir es neu trainieren, nicht als Feinde des Kreuzes Christi zu leben und wie der Apostel Paulus sprechen:

Ich bezwinge meinen Leib und zähme ihn, damit ich nicht andern predige und selbst verwerflich werde.
1 Kor 9,27

Das griechische Wort für das "Training des Wettkämpfers" ist "Askese": 1 Kor 9,24-27. Dieses Kapitel beginnt mit der rhetorischen Frage des Apostels:

Bin ich nicht frei?

Ja, er ist frei! Aber eben darum kann er verzichten. Eben, weil er frei ist, kann er alles, was immer er tat oder bleiben ließ, um des Evangeliums willen tun oder bleiben lassen. Alles um des Evangeliums willen. Alles, um an ihm teilzuhaben: 1 Kor 9,23.

Es gibt keine Heiligkeit ohne Entsagung und geistigen Kampf. Der geistliche Fortschritt verlangt Askese, die dazu führt, im Frieden und in der Freude der Seligpreisungen zu leben. Die Übung des Fastens wird darum hier nachdrücklich empfohlen.

Wie können wir den ewigen Siegeskranz erringen, wenn wir nicht, wie Paulus es in 1 Kor 9,23-27 formuliert, alles daran setzen? Hier ist sicher nicht nur eine innere, sondern auch die äußere Haltung gemeint.

 

Fasten und "Werkegerechtigkeit"

Gelegentlich wird das Fasten abgelehnt, indem man es mit dem Makel der "Werkegerechtigkeit" behaftet und unterstellt, daß hier das Prinzip "sola fide" verletzt wird: der Grundsatz nämlich, nach dem wir "allein durch den Glauben" gerechtfertigt werden.

In der Hl. Schrift kommt "sola fide" nicht vor außer dort, wo ausdrücklich gesagt wird, daß wir eben nicht "sola fide gerettet werden.

So seht ihr nun, daß der Mensch durch Werke gerecht wird, nicht durch Glauben allein.
Jak 2,24

Das "allein" in Röm 3,28 stammt nicht vom Apostel Paulus, sondern ist eine Hinzufügung Luthers und findet sich nur in seiner Übersetzung der Bibel. 

Paulus schreibt, daß der Mensch durch Glauben gerechtfertigt wird und Jakobus wehrt einem Mißverständnis von Glauben: Der rechtfertigende Glauben ist kein anderer als der tätige Glauben, nicht ein "Für-wahr-halte-Glauben". Nichts anderes sagt aber auch Paulus, wenn er in Gal 5,6 von dem „durch Liebe wirksamen Glauben“ spricht.

Auch auf das Augsburgische Bekenntnis kann man sich nicht berufen, wenn man auf das Prinzip "sola fide" pocht, vor allem dann nicht, wenn es einem gleich ist, um welchen Glauben es geht. Es heißt zwar dort im Artikel IV, daß

wir Vergebung der Sünde bekommen und vor Gott gerecht werden aus Gnaden, um Christi willen, durch den Glauben,

doch fehlt erstens hier das Wort "allein" und zweitens wird der rechtfertigende Glauben sofort im Augsburgischen Bekenntnis inhaltlich klar bestimmt:

wenn wir glauben, daß Christus für uns gelitten habe, und daß uns um seinetwillen die Sünde vergeben, Gerechtigkeit und ewiges Leben geschenkt wird. Denn diesen Glauben will Gott als Gerechtigkeit vor ihm halten und zurechnen, wie St. Paulus sagt.

Zudem geht auch das Augsburgische Bekenntnis davon aus, daß der rechtfertigende Glauben kein anderer als ein tätiger Glauben sein kann, denn es wird im Artikel VI deutlich gesagt:

daß solcher Glaube gute Frucht und gute Werke bringen soll, und daß man gute Werke tun müsse ... doch nicht auf solche Werke zu vertrauen, um dadurch Gnade vor Gott zu verdienen ...

Wir werden wir gerettet um Christi willen aus Gnade durch Glauben. Aber ein Glaube, dem die Werke fehlen, ist nicht der gottgewirkte, rechtfertigende Glauben. "Was nicht zur Tat wird, hat keinen Wert." (Gustav Werner)

Gute Werke können natürlich dazu mißbraucht werden, um sich damit vor sich selbst, den Mitmenschen und Gott ins rechte Licht setzen zu können. Hier bleibt der Mensch bei sich selbst. Das ist nichts weiter als eine „fromme Variante“ des „homo incurvatus in se ipsum“, des "in sich selbst verkrümmten Menschen".

Aber Mißbrauch hebt den rechten Gebrauch nicht auf. Es würde auch kein vernünftiger Mensch mit dem Essen aufhören, bloß weil einige Menschen sich durch Essen und Trinken ruinieren.
Jesus bringt als Beispiel für einen Mißbrauch von Werken in der Bergpredigt das Geben von Almosen, das Beten und das Fasten. An anderen Stellen werden genau diese Dinge aber von unserem Herrn gelobt bzw. selbst praktiziert. Er betete, Er fastete und scheint auch Almosen gegeben zu haben. (Jedenfalls deuten Seine Jünger in Joh 13,29 eine Anweisung so. Man könnte daraus schließen, daß die Gabe von Almosen für Jesus nicht ungewöhnlich war.)

 

Fasten in der Bibel

Mit Fasten bezeichnen wir den zeitweiligen und freiwilligen Verzicht auf elementare Dinge des Lebens um Gottes willen.
Solche elementare Aktivitäten des täglichen Lebens sind zum Beispiel zu essen und zu trinken, den Körper zu pflegen und sich zu bekleiden. Wenn Menschen der Bibel freiwillig auf solche Dinge verzichteten, machten sie augenfällig deutlich:

Wenn ich nur dich habe, so frage ich nichts nach Himmel und Erde.
Ps 73,25

Das Fasten dient also der Konzentration auf das Wesentliche, nämlich dem Abhängigsein des Menschen von seinem Schöpfer. Es verdeutlicht, daß die Gegenwart und Nähe Gottes sogar wichtiger ist als die Grundbedürfnisse wie Nahrungsaufnahme, Kleidung und Körperpflege. Beten und Fasten erschließt Kraftquellen Gottes. Durch Verzicht auf Nebensächlichkeiten kommt es zu einer Bündelung der Kräfte.

Fasten im Alten Testament

Im AT wird sehr oft von dem Fasten einzelner und des ganzen Volkes Israel gesprochen.

Die innere Haltung des Fastens, nämlich der Konzentration auf das Wesentliche, wurde oft durch äußere Zeichen sichtbar gemacht, indem zusätzlich zum Verzicht auf Nahrung Sackkleider getragen wurden (= Verzicht auf angemessene Kleidung), man die täglichen Waschungen unterließ und Asche oder Erde auf das Haupt gestreut wurde (= Verzicht auf Körperpflege) (1Kön 21,27; Neh 9,1)

Im AT wird das Fasten bezeugt

– als Ausdruck der Trauer: 1. Sam 31,13; 2. Sam 1,12; 3,35

– als Ausdruck der Buße und Umkehr: 3 Mose 23,27.29; 4 Mose 29,7; 1 Kön 21,27; Jona 3,5ff.; Dan 9,3; 10,3

– zum Zweck einer ungestörten und intensiven Gemeinschaft mit Gott: 2 Mose 34,28; 1 Kön 19,8

Fasten im Neuen Testament

Jesus selbst hat das Fasten als Ausdruck der Frömmigkeit keineswegs abgelehnt, sondern selbst geübt (Mt 4,1f.). allerdings widersetzte sich Er sich einer veräußerlichten und prestigebezogenen Fastenpraxis (Mt 6,16ff.). Fasten ist keine Show!

Jesus selbst empfiehlt das Fasten als Mittel, böse Geister auszutreiben (Mk 9,29), und stellt dem gottgefälligen Fasten den Lohn des Himmels in Aussicht (Mt 6,18). Er verwirft nur das heuchlerische Fasten (Mt 6,16) und das Fasten zur Unzeit (Mt 9,15).

Die Frage, ob es Nachfolge Jesu ohne ein Fasten geben kann, sollte ausgehend von Mk 2,19-20 bedacht werden: Jesus sagt voraus, daß Seine Jünger eines Tages fasten würden.

Nach Pfingsten wird auch von den Aposteln berichtet, daß sie gefastet haben. So fastete Paulus nach seiner Bekehrung zum Zeichen der Reue und Umkehr:  Apg 9,9 und auch später: 2 Kor 6,4-8 und 2 Kor 11,27

Die Gemeinde in Antiochien fastete vor und bei der Aussendung von Paulus und Barnabas in den Missionsdienst: Apg 13,2ff. und vor der Einsetzung von Gemeindeleitungen Apg 14,23

Fazit: Es kann nachgewiesen werden, daß erstens Jesus seine Jünger zum Fasten angehalten und zweitens sowohl die Apostel, als auch die Gemeinden des NT das Fasten praktizierten. Dabei ist aus dem Hintergrund des AT zuallererst an den Verzicht auf Nahrung und Getränke zu denken, nicht an einen Sonntagnachmittag ohne Auto, oder nur 10 Stunden pro Woche vor dem Fernseher zu sitzen.

 

Fastenpraxis in der abendländischen Christenheit

Ein früher Brauch in der Christenheit war das Fasten an jedem Mittwoch und Freitag. Der Mittwoch galt als Tag, an dem Jesus verraten wurde. Freitag war der Tag der Kreuzigung Jesu. Später galt für die erwachsenen Taufbewerber eine vierzigtägige Fasten­zeit als Vorbereitungszeit für ihre Taufe in der Osternacht.

Die beiden Festkreise des Kirchenjahres (Weihnachtsfestkreis und Osterfestkreis) haben als Zeit der Vorbereitung auf die hohen Feste jeweils eine Fastenzeit: die Adventszeit und die Fastenzeit ab Aschermittwoch. Im Lauf der Kirchengeschichte hat sich die Fastenpraxis immer wieder verändert.

Das Mittelalter hatte zum Teil außerordentlich strenge Fastenregeln: Verboten waren alle Fleisch- und Milchprodukte, die sogenannten Laktizinien (Milch, Käse, Butter) und Eier, die als "flüssiges Fleisch" galten. 1491 wurden die Fastengesetze erstmals etwas gelockert und Papst Julius III. (1550 - 1555) erteilte allen Christen Dispens für Butter bzw. Öl und Eier, Käse und Milch.

Bis in die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts galten in der Römisch-Katholischen Kirche folgende Regeln:

Was heißt Fasten?
– Fasten bedeutete, nur eine Mahlzeit am Tag einzunehmen. Darüber hinaus wurden zwei weitere Imbisse gewährt, einer am Morgen und einer am Abend, die jeweils nicht mehr als zwei Unzen, das sind 60 g, feste Nahrung erhalten.

Was heißt Abstinenz?
– Abstinenz bedeutet Enthaltung vom Fleischgenuß.

Wann wurde gefastet?
– Obligatorisches Fasten an allen Tagen der Fastenzeit, außer an den Sonntagen, an den jeweiligen drei Quatembertagen und an mehreren Vigiltagen.
– Abstinenz an allen Freitagen des Jahres, an den Sonntagen der Fastenzeit und in zahlreichen Diözesen an allen Samstagen des Jahres.

Wer war zum Fasten verpflichtet?
– Erwachsene vom 21. bis zum 60. Lebensjahr.

Wer war zur Abstinenz verpflichtet?
– Alle Gläubigen ab dem 7. Lebensjahr.

Was ist heute von diesen Vorschriften in der Römisch-Katholischen Kirche übrig geblieben?
– Das Fasten am Aschermittwoch und am Karfreitag.
– Die Abstinenz am Aschermittwoch und an den Freitagen in der Fastenzeit.
Man fragt sich, warum die Gebote derartig verringert wurden.

 

Hinweise und Ratschläge

Das eigentliche (= "alte") Fasten bleibt nach wie vor an allen Werktagen der Fastenzeit angeraten: Also kein Fleisch und nur eine Sättigungsmahlzeit. 

Freilich: Wen der Teufel nicht zum Bösen verführen kann, den verleitet er zu einem Übermaß an Gutem! Man scheitert dann schnell und ist völlig deprimiert. Wer also nicht so einschneidend fasten kann oder beim ersten Versuch sich nicht überfordern will, sollte sich wenigstens bewußt einschränken im Essen, Trinken, im Gebrauch des Fernsehens, auf Partys und ähnliche Vergnügungen verzichten. In solchem Verzicht gewinnen wir neue Freiheit für Gott, für den Menschen neben uns und Freiheit von den eigenen Wünschen und Bedürfnissen.

Fasten und Enthaltsamkeit kann den Nachteil haben, daß es übellaunig macht, Denken und Fühlen zu stark bestimmt und zum Prahlen verführt. Deshalb sollte die damit verbundene Absicht immer wieder vom Glauben her überprüft werden.

Sonntage als „kleine Osterfeste“ sind keine Fastentage!
Wenn aber jemand anstatt an den Werktagen nun am Sonntag „über die Stränge schlägt“, hat er nichts begriffen.

An allen Tagen der Fastenzeit gilt es Buße zu tun im Sinne der Bergpredigt: durch Gebet, Verzicht und Werke der Nächstenliebe.

Gottesdienst, Bibelstudium und Gebet: Wir entsprechen dem Geist Jesu, wenn wir in der Fastenzeit neu auf Gottes Zuwendung zu uns antworten und uns besonders darum bemühen, persönlich zu beten und das Familien- oder Gemeinschaftsgebet zu erneuern, zum Beispiel das Morgen- und Abendgebet halten. 

Die Fastenzeit sollte auch gefüllt sein mit einem vermehrten Lesen der Heiligen Schrift und vor allem mit einem öfteren Gang in die Kirchen zu den Gottesdiensten und Andachten der Fasten- und Passionszeit. Wer auf meint, Fasten beinhalte auch den Verzicht auf den Gottesdienst, fastet falsch.

Almosen und Werke der Nächstenliebe: Seit alters haben die Christen es als einen besonderen Sinn des Fastens angesehen, mit den Armen zu teilen. Für uns gilt heute: Mehr noch als sonst im Jahr sollen wir Christen in der Fastenzeit uns sorgen um Menschen in leiblicher und seelischer Not, um Alte, Kranke und Behinderte, um mutlose, ratlose und verzweifelte Menschen, in denen uns Christus begegnet. Es ist Sinn des Fastens, daß einem auch der Nächste wichtig wird. Durch Fasten gespartes Geld und eingesparte Zeit sollen dem Nächsten zugute kommen.

Fasten ist Ausdruck dessen, daß man nicht um sich selbst kreist. Und indem man es übt, wird man noch freier für Gott und seinen Nächsten. Wer es tut, kann auf die Frage nach dem Fasten antworten:

„Fasten? Ich bin so frei!“

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Das Fasten ist die Speise der Seele.
Wie die körperliche Speise stärkt,
so macht das Fasten die Seele kräftiger
und verschafft ihr Flügel, hebt sie empor und
läßt sie über himmlische Dinge nachdenken.
Johannes Chrysostomus