Wir haben nun die drei Hauptstücke der allgemeinen christlichen Lehre
durchgesprochen. Außer diesen ist noch von unsern zwei Sakramenten zu reden, die
von Christus eingesetzt sind; über sie soll auch jeder Christ wenigstens einen
allgemeinen, kurzen Unterricht haben, weil [man] ohne sie kein Christ sein kann;
freilich hat man bisher leider nichts davon gelehrt. Als erstes aber nehmen wir
uns die Taufe vor; durch sie werden wir ja am Anfang in die Christenheit
aufgenommen. damit man es aber richtig erfassen möge, wollen wir es ordentlich
behandeln und uns nur bei dem aufhalten, was für uns nötig ist, zu wissen. Denn
wie man es den Ketzern und Rotten gegenüber festhalten und verfechten müsse, das
wollen wir den Gelehrten überlassen.
Zuerst muß man vor allen Dingen die Worte recht kennen, worauf die Taufe
gegründet ist und worauf sich alles bezieht, was davon zu sagen ist, nämlich bei
Matthäus am letzten, wo der Herr Christus spricht: "Gehet hin in alle Welt,
lehret alle Heiden und taufet sie im Namen des Vaters und des Sohnes und des
Heiligen Geistes." Ferner auch bei Markus im letzten Kap.: "Wer da glaubt
und getauft wird, der wird selig; wer aber nicht glaubt, der wird verdammt."
Bei diesen Worten sollst du dir zuerst merken, daß hier Gottes Gebot und
Einsetzung dasteht. Man soll also nicht daran zweifeln, daß die Taufe ein
göttlich Ding ist, das nicht von Menschen erdacht und erfunden ist. Denn
ebensogut, als ich sagen kann, die zehn Gebote, das Glaubensbekenntnis und das
Vaterunser habe kein Mensch in seinem Kopf ausgesponnen, sondern sie seien von
Gott selbst geoffenbart und gegeben, - ebenso kann ich auch rühmen, daß die
Taufe kein Menschentand ist; sondern sie ist von Gott selbst eingesetzt und dazu
so ernstlich und streng geboten, daß wir uns taufen lassen müssen, wenn anders
wir selig werden sollen. Man darf also nicht denken, es sei ein leichtfertig
Ding wie wenn einer einen neuen roten Rock anzieht. Denn daran liegt am meisten,
daß man die Taufe für etwas Vortreffliches, Herrliches und hoch halte. Um das
streiten und fechten wir am allermeisten: ist doch die Welt zurzeit so voll von
Rotten, die schreien, die Taufe sei ein äußerlich Ding aber sei nichts nütze.
Aber laß es mit dem äußerlichen Ding sich verhalten wie es immer mag, - hier
jedoch steht Gottes Wort und Gebot, das die Taufe einsetzt, begründet und
bestätigt. Was aber Gott einsetzt und gebietet, das kann nicht vergeblich sein,
sondern muß ein sehr köstliches Ding sein, wenn es auch seinem Aussehen nach
kleiner als ein Strohhalm wäre. Hat man es bisher schon für etwas Großes halten
können, wenn der Papst mit Briefen und Bullen (Erlassen) Ablaß austeilte,
Altäre oder Kirchen bestätigte, bloß weil Brief und Siegel da waren, sollen wir
die Taufe für etwas viel Höheres und Köstlicheres halten, weil Gott es befohlen
hat, und weil es dazu in seinem Namen geschieht. Denn so lauten die Worte:
"Gehet hin, taufet"; aber nicht "in eurem" sondern "in Gottes Namen".
Denn "in Gottes Namen getauft werden" heißt: nicht von Menschen, sondern von
Gott selbst getauft werden; darum ist's, auch wenn es durch menschliche Hand
geschieht, doch wahrhaftig Gottes eigenes Werk. Daraus kann leicht jeder selbst
schließen, daß es viel höher ist als irgendein Werk, das von einem Menschen
oder Heiligen getan wird. Denn was für Werke kann man tun, die größer wären als
Gottes Werke? Aber hier macht sich der Teufel zu schaffen, um uns mit falschem
Schein zu blenden und von Gottes Werk weg auf unser eigenes Werk hinzuführen.
Denn das hat einen viel köstlicheren Schein, wenn ein Karthäusermönch viel
schwere, große Werke auf einen Haufen schlüge, mögen sie noch so köstlich
gleißen, so wären sie doch nicht so edel und gut, als wenn Gott einen Strohhalm
aufhübe. Warum? Darum, weil die Person edler und besser ist. Nun hat man hier
nicht die Person nach den Werken , sondern die Werke nach der Person
einzuschätzen; von dieser her müssen sie ihren Adel empfangen. Aber hier drängt
sich die tolle Vernunft schnell ein, und weil es nicht so gleißt wie die Werke,
die wir selber tun, so soll es nichts gelten.
Aus diesem [allem] lerne nun ein richtiges Verständnis zu gewinnen und zu
antworten auf die Frage, was die Taufe ist. Nämlich folgendermaßen: Sie ist
nicht bloß schlichtes Wasser, sondern ein Wasser, das in Gottes Wort und Gebot
eingefaßt und dadurch geheiligt ist. Somit ist's nichts anderes, als ein
Gotteswasser; nicht weil das Wasser an und für sich edler wäre als ein anderes
Wasser, sondern weil Gottes Wort und Gebot dazukommt. Darum ist ein reines
Bubenstück und ein Teufelsgespött, wenn jetzt unsere neuen Geister, um die Taufe
zu lästern, Gottes Wort und Ordnung davon weglassen und auf nichts anderes dabei
sehen als auf das geifern: "Was sollte eine Handvoll Wasser der Seele helfen?"
Ja, Lieber, wenn es [schon einmal darauf ankommen soll, beides] voneinander zu
trennen, wer weiß das nicht, daß Wasser Wasser ist? Wie wagst du aber, so in
Gottes Ordnung einzugreifen und das beste Kleinod davon wegzureißen, mit dem
Gott [das Wasser] verbunden und eingefaßt hat und von dem er es nicht getrennt
haben will? Denn das ist der Kern in diesem Wasser: Gottes Wort oder Gebot, und
Gottes Name; ein Schatz, der größer und edler ist als Himmel und Erde.
So begreife nun den Unterschied, daß es mit dem Taufwasser ein ander Ding
ist als mit allem anderen Wasser, nicht seines natürlichen Wesens wegen, sonder
weil hier etwas Edleres dazukommt: Denn Gott selbst setzt seine Ehre daran und
legt seine Kraft und seine Macht darein. Darum ist es nicht bloß ein natürliches Wasser, sondern ein göttliches, himmlisches, heiliges und seliges
Wasser und wie man es mehr loben kann, alles um des Wortes willen, welches ein
himmlisches, heiliges Wort ist, das niemand genug preisen kann. Denn es hat und
vermag alles, was Gottes ist. Daher hat es auch sein Wesen, demzufolge es ein
Sakrament heißt; so hat auch der Hl. Augustin gelehrt: "Accedat verbum ad
elementum et fit sacramentum", d.h. wenn das Wort zum Element, zum natürlichen
Wesen [einer Sache] hinzukommt, so wird ein Sakrament daraus, d.h. ein heiliges,
göttliches Ding und Zeichen.
Darum lehren wir allezeit, man solle die Sakramente und überhaupt alle
äußerlichen Dinge, die Gott anordnet und einsetzt, nicht nach der groben,
äußerlichen Larve ansehen, wie man bei der Nuß [nur] die Schale sieht, sondern
[daraufhin], wie Gottes Wort darin eingeschlossen ist. Denn ebenso reden wir
auch vom Vater- und Mutterstand und weltlicher Obrigkeit; will man diese
[daraufhin], ansehen, wie sie Nasen, Augen, Haut und Haar, Fleisch und Bein
haben, so sehen sie Türken und Heiden gleich, und es könnte auch jemand zufahren
und sagen: "Warum sollte ich von diesem [Menschen] mehr halten als von anderen?"
Weil aber das Gebot dazu kommt: "Du sollst Vater und Mutter ehren", so sehe ich
[im Vater] einen andern Mann, geschmückt und angezogen mit der Majestät und
Herrlichkeit Gottes. Das Gebot - so sage ich - ist die goldene Kette, die er am
Hals trägt, ja die Krone auf seinem Haupte, die mir zeigt, wie und warum man
dies Fleisch und Blut ehren soll. Entsprechend und noch viel mehr sollst du die
Taufe ehren und herrlich halten um des Wortes willen; denn Gott selber hat sie
durch Worte wie auch durch Werke geehrt, dazu noch mit einem Wunder vom Himmel
bestätigt. Meinst du denn, daß es ein Scherz war, wenn sich Christus taufen
ließ, der Himmel sich auftat, der Heilige Geist sichtbar herabfuhr und lauter
göttliche Herrlichkeit und Majestät da war? Deshalb ermahne ich noch einmal.,
man lasse die zwei, das Wort und das Wasser, beileibe nicht voneinander scheiden
und trennen. Denn wenn man das Wort davon absondert, so ist's kein anderes
Wasser als das, womit die Magd kocht; dann kann es mit Recht eine Badertaufe
heißen. Wenn aber das Wort dabei ist, wie Gott es angeordnet hat, so ist es ein
Sakrament und heißt Christustaufe. Das sei das erste Stück vom Wesen und der
Würde des Sakraments.
Zweitens: Nachdem wir nun wissen, was die Taufe ist und was von ihr zu halten
sei, müssen wir auch lernen, warum und wozu sie eingesetzt ist, d.h. was sie
nützt, gibt und schafft. Das kann man auch nicht besser erfassen als aus den
oben angeführten Worten Christi: "Wer da glaubt und getauft wird, der wird
selig." Darum fasse es aufs allereinfältigste so auf: Der Taufe Kraft, Werk,
Nutzen Frucht und Endziel ist dies, daß sie selig mache. Denn man tauft niemand
dazu, daß er ein Fürst werde, sondern, wie die Worte lauten, daß er "selig
werde". "Selig werden" aber, das weiß man wohl, bedeutet nichts anderes, als von
Sünde, Tod und Teufel erlöst in Christi Reich kommen und mit ihm ewig leben.
Daraus siehst du abermals, wie teuer und wert die Taufe zu halten ist, weil wir
diesen unaussprechlichen Schatz darin erlangen. Auch das zeigt deutlich, daß es
sich nicht um ein schlichtes, bloßes Wasser handeln kann. Denn bloßes Wasser
könnte so etwas nicht tun; aber das Wort tut's und [die Tatsache] daß, wie oben
gesagt, Gottes Name drinnen ist. Wo aber Gottes Name ist, da muß auch Leben und
Seligkeit sein, so daß es mit Recht ein göttliches, seliges, fruchtbringendes
und gnadenreiches Wasser heißt. Denn durchs Wort kriegt die Taufe die Kraft,
daß sie ein "Bad der Wiedergeburt" ist, wie Paulus Tit 3 sie nennt.
Nun behaupten aber unsere Überklugen, die neuen Geister, der Glaube mache
allein selig, die Werke und die äußerlichen Dinge dagegen trügen nichts dazu
bei. Darauf antworten wir: Das tut freilich in uns nichts [anderes] als nur der
Glaube, wie wir noch im weiteren hören werden. Das aber wollen diese
Blindenleiter nicht sehen, daß der Glaube etwas haben muß, was er glaubt,
d.h., woran er sich hält und worauf er steht und fußt. So hängt nun der Glaube
am Wasser und glaubt, daß die Taufe etwas sei, worin lauter Seligkeit und Leben
ist; nicht um des Wassers willen, wie [nun] genug gesagt wurde, sondern
deswegen, weil es mit Gottes Wort und Ordnung verleibt (vereinigt) ist und weil
sein Name darinnen klebt. Wenn ich nun solches glaube, - was glaube ich anderes
als an Gott, weil er es ist, der sein Wort darein gegeben und gepflanzt hat und
uns dieses äußerliche Ding vorlegt, in dem wir diesen Schatz ergreifen können?
Nun sind sie so toll, daß sie den Glauben und das Ding voneinander scheiden,
an dem der Glaube haftet und gebunden ist, obwohl er äußerlich ist. Ja, es soll
und muß äußerlich sein, damit man's mit den Sinnen fassen und begreifen und
dadurch ins Herz bringen könne. Ist doch das ganze Evangelium eine äußerliche,
mündliche Predigt. Kurz, alles, was Gott in uns tut und wirkt, das will er durch
solch äußerliche Ordnung wirken. Wo er nun redet, ja wohin und wodurch er redet,
dorthin soll der Glaube sehen und daran soll er sich halten. Nun haben wir hier
die Worte: "Wer da glaubt und getauft wird, der wird selig." Worauf beziehen sie
sich anders als auf die Taufe, d.h. auf das Wasser, das in Gottes Ordnung
gefaßt ist? Darum folgt: wer die Taufe verwirft, der verwirft Gottes Wort, den
Glauben und Christus, der uns dahin weist und an die Taufe bindet.
Drittens: Nachdem wir den großen Nutzen und die Kraft der Taufe besprochen
haben, so laß uns nun weiter sehen, wer die Person ist, die das empfangen soll,
was die Taufe gibt und nützt. Das ist abermals aufs feinste und klarste
ausgedrückt in eben diesen Worten: "Wer da glaubt und getauft wird, der wird
selig"; d.h. der Glaube allein macht die Person würdig, das heilbringende
göttliche Wasser nutzbringend zu empfangen. Denn weil das hier in den Worten bei
und mit dem Wasser gelehrt und verheißen wird, kann es nicht anders empfangen
werden, als indem wir dies von Herzen glauben. Ohne Glauben ist das Wasser
nichts nütze, auch wenn es an sich selbst ein göttlicher, überschwenglicher
Schatz ist. Darum vermag das einzige Wort "Wer da glaubt" soviel, daß es alle
Werke ausschließt und zurückweist, die wir tun können in der Meinung, dadurch
die Seligkeit zu erlangen und zu verdienen. Denn es steht fest: Was nicht Glaube
ist, das trägt nichts dazu bei, empfängt auch nichts.
Nun sagen sie aber wie sie die Gepflogenheit haben: "Die Taufe ist doch
selber auch ein Werk; nun sagst du, die Werke seien nichts wert zur Seligkeit.
Wo bleibt dann der Glaube?" Antwort: Ja, unsere Werke tun freilich nichts
zur Seligkeit; die Taufe aber ist nicht unser, sondern Gottes Werk. Du wirst ja,
wie gesagt, einen ganz großen Unterschied machen müssen zwischen der
Christustaufe und der Badertaufe. Gottes Werke aber sind heilschaffend und nötig
zur Seligkeit und schließen den Glauben nicht aus, sondern fordern ihn; denn
ohne Glauben könnte man sie nicht fassen. Denn damit, daß du Wasser über dich
gießen lässest, hast du die Taufe nicht so empfangen und gehalten, daß sie dir
etwas nützen würde. Aber dadurch wird sie dir etwas nütze, wenn du dich in der
Meinung taufen lässest, daß es aus Gottes Befehl und Ordnung, dazu in Gottes
Namen geschehe, um in dem Wasser die verheißene Seligkeit zu empfangen. Nun kann
das weder die Faust noch der Leib tun, sondern das Herz muß es glauben. Somit
siehst du klar, daß es sich da um kein Werk handelt, das von uns getan werden
könnte, sondern um einen Schatz, den er uns gibt und den der Glaube ergreift,
ebensogut wie der Herr Christus am Kreuz nicht ein Werk ist, sondern ein Schatz,
der im Wort gefaßt und uns vorgestellt und durch den Glauben empfangen wird.
Darum tun sie uns Gewalt an, wenn sie wider uns schreien, als predigen wir wider
den Glauben, wo wir doch allein ihn treiben; denn er ist ja so nötig dazu, daß
ohne ihn überhaupt nichts empfangen und genossen werden kann.
Damit haben wir die drei Stücke besprochen, die man von diesem Sakrament
wissen muß; besonders, daß es Gottes Ordnung ist, die man in allen Ehren zu
halten hat. Das wäre für sich allein schon genug, obwohl es nur ein ganz
äußerliches Ding ist. Das Gebot "Du sollst Vater und Mutter ehren" bezieht sich
ja auch allein auf leibliches Fleisch und Blut, wobei man aber nicht auf Fleisch
und Blut, sondern auf Gottes Gebot sieht, von dem es umfaßt ist und um
dessentwillen das Fleisch Vater und Mutter heißt. Ebenso auch [hier]: wenn wir
nichts weiter hätten als diese Worte "Gehet hin und taufet" usw., so
müßten
wir's dennoch als Gottes Ordnung annehmen und tun. Nun ist aber nicht bloß das
Gebot und der Befehl da, sondern auch die Verheißung. Darum ist es noch viel
herrlicher, als was Gott sonst geboten und angeordnet hat; kurz, es ist so voll
Trost und Gnade, daß Himmel und Erde es nicht begreifen kann. Aber um das zu
glauben, dazu gehört Verständnis; es mangelt ja nicht am Schatz, aber daran
mangelt es, daß man ihn erfaßt und festhält.
Darum hat jeder Christ sein Leben lang genug an der Taufe zu lernen und zu
üben. Er hat ja immerfort zu schaffen, daß er fest glaube, was sie zusagt und
bringt: Überwindung des Teufels und Todes, Vergebung der Sünden, Gottes Gnade,
den ganzen Christus und den Heiligen Geist mit seinen Gaben. Kurz, es ist so
überschwenglich, daß die zaghafte Natur, wenn sie es bedenkt, daran zweifeln
möchte, ob es [denn] wahr sein könnte. Denn überlege du: wenn es irgend einen
Arzt gäbe, der die Kunst könnte, daß die Leute nicht sterben müßten oder daß
sie, wenn sie auch stürben, nachher ewig lebten, - wie würde die Welt da Geld
schneien und regnen lassen, daß vor den Reichen niemand beikommen könnte! Nun
wird hier in der Taufe jedermann ein solcher Schatz umsonst vor die Tür gebracht
und eine Arznei, die den Tod verschlingt und alle Menschen beim Leben erhält!
So muß man die Taufe ansehen und uns zu nutze machen: Wir sollen uns daran
stärken und trösten, wenn uns unsere Sünde oder unser Gewissen beschwert, und
sollen sagen: "Ich bin dennoch getauft! Bin ich aber getauft, so ist mir
zugesagt, daß ich selig sein und das ewige Leben für Seele und Leib haben
soll." Deshalb geschieht ja das beides in der Taufe: daß der Leib begossen
wird, der nichts weiter fassen kann als das Wasser, und daß dazu das Wort
gesprochen wird, damit die Seele es auch fassen könne. Weil nun beides zusammen,
Wasser und Wort, eine Taufe ausmachen, so muß auch beides, Leib und Seele,
selig werden und ewig leben: die Seele durchs Wort, an das sie glaubt, der Leib
aber, weil er mit der Seele vereinigt ist und die Taufe auch ergreift, wie er es
ergreifen kann. An unserm Leib und unsrer Seele haben wir [darum] kein größeres
Kleinod. Denn dadurch werden wir ganz heilig und selig: das kann sonst kein
Leben und kein Werk auf Erden erlangen.
Das sei nun genug gesagt vom Wesen, Nutzen und Gebrauch der Taufe, soviel
hier dienlich ist. Hierbei stellt sich nun eine Frage ein, mit der der Teufel
durch seine Rotten die Welt verwirrt, die Taufe von Kindern betreffend: ob diese
auch glauben bzw. ob sie zu Recht getauft werden? Dazu sagen wir kurz: wer
einfältig ist, der entschlage sich der Frage und weise sie den Gelehrten zu.
Willst du aber antworten, so antworte so: daß die Kindertaufe Christus gefällt,
wird aus seinem eigenen Werk genug bewiesen. Gott machte nämlich viele von
denen, die so getauft worden sind, heilig und hat ihnen den Heiligen Geist
gegeben: und auch heutzutage gibt es noch viele, an denen man es spürt, daß sie
den Heiligen Geist haben, sowohl an ihrer Lehre als auch an ihrem Leben. So ist
es ja auch uns von Gottes Gnade gegeben, daß wir wirklich die Schrift auslegen
und Christus erkennen können, was ohne den Heiligen Geist nicht geschehen kann.
Wenn aber Gott die Taufe von Kindern nicht annähme, so würde er keinem von ihnen
den Heiligen Geist oder auch nur ein Stück davon geben; kurz, es dürfte dann
seit so langer Zeit bis auf den heutigen Tag keinen Menschen auf Erden geben,
der ein Christ wäre. Nun aber bestätigt Gott diese Taufe durch die Eingebung
seines Heiligen Geistes, wie man es an einigen Vätern wie dem hl. Bernhard,
Gerson Johannes Hus und anderen wohl spürt, und die heilige christliche Kirche
geht nicht unter bis ans Ende der Welt; denn Gott kann ja nicht gegen sich
selber sein oder der Lüge und Büberei helfen noch seine Gnade und seinen Geist
dazu geben. Dies ist weitaus der beste und stärkste Beweis für die einfachen und
ungelehrten Leute. Denn man wird uns diesen Artikel: "Ich glaube an eine
heilige, christliche Kirche, die Gemeinschaft der Heiligen usw." nicht nehmen
und umstoßen können.
Sodann, sagen wir weiter, daß wir nicht das Hauptgewicht darauf legen, ob
der, der getauft wird, glaubt oder nicht glaubt; denn darum wird die Taufe nicht
unrecht; sondern es liegt alles an Gottes Wort und Gebot. Das ist nun wohl ein
wenig scharf ausgedrückt, gründet sich aber ganz auf dem, was ich gesagt habe:
daß nämlich die Taufe nichts anderes ist als Wasser und Gottes Wort bei- und
miteinander; d.h. wenn das Wort bei dem Wasser ist, so ist die Taufe recht, auch
wenn der Glaube nicht dazu kommt. Denn mein Glaube macht nicht die Taufe,
sondern empfängt die Taufe. Nun wird die Taufe dadurch nicht unrecht, wenn sie
nicht recht empfangen wird, da sie ja, wie gesagt, nicht an unseren Glauben,
sondern an das Wort gebunden ist. Denn auch wenn heute ein Jude mit Schalkheit
und bösem Vorsatz herkäme, und wir tauften ihn mit ganzem Ernst, so sollen wir
nichtsdestoweniger sagen, daß diese Taufe recht sei. Denn es ist ja das Wasser
dabei samt Gottes Wort, obgleich er sie nicht so empfängt, wie er soll;
geradeso, wie die unwürdig zum [Altar-] Sakrament (Abendmahl) Gehenden doch das
rechte Sakrament empfangen, obgleich sie nicht glauben.
So siehst du, daß die Einrede der Rottengeister nichts taugt. Denn, wie
gesagt, wenn auch die Kinder nicht glaubten - was doch, wie jetzt bewiesen,
nicht der Fall ist -, so wäre doch die Taufe recht, und niemand soll sie
wiedertaufen. Es ist wie beim [Altar-] Sakrament (Abendmahl): dem wird kein
Abbruch getan, auch wenn jemand mit bösem Vorsatz dazuginge, und es wäre nicht
zu dulden, daß er es um dieses Mißbrauches willen zur gleichen Stunde
noch einmal nähme, als hätte er das [Altar-] Sakrament vorher nicht wahrhaftig
empfangen. Denn das hieße das Sakrament in höchster Weise gelästert und
geschändet. Wie kämen wir zu der Behauptung, daß Gottes Wort und Ordnung
deshalb unrecht sein und nichts gelten sollte, weil wir nicht den rechten
Gebrauch davon machen? Darum sage ich: Hast du nicht geglaubt, so glaube dennoch
und sprich so: "Die Taufe ist wohl recht gewesen, ich habe sie aber leider nicht
recht empfangen." Denn auch ich selbst und alle, die sich taufen lassen, müssen
vor Gott sprechen: "Ich komme her in meinem Glauben und auch in dem der anderen;
dennoch kann ich nicht darauf bauen, daß ich glaube und daß viele Leute für
mich beten, sondern darauf baue ich, daß es dein Wort und Befehl ist." Geradeso
gehe ich auch zum [Altar-] Sakrament nicht auf Grund meines Glaubens, sondern
auf Christi Wort hin. Ich mag stark oder schwach sein; das lasse ich Gott
walten. Aber dessen bin ich gewiß, daß er mich hingehen, essen und trinken
heißt; und mir seinen Leib und sein Blut schenkt; und das wird mir nicht lügen
noch trügen. Ebenso machen wir es nun auch mit der Kindertaufe: Das Kind tragen
wir herzu in der Meinung und der Hoffnung, daß es glaube, und bitten, daß ihm
Gott den Glauben gebe. Aber daraufhin taufen wir es nicht, sondern bloß
daraufhin, daß Gott es befohlen hat. Warum das? Darum, weil wir wissen, daß
Gott nicht lügt. Ich und mein Nächster und überhaupt alle Menschen mögen fehlen
und trügen; aber Gottes Wort kann nicht fehlen.
Darum sind es jedenfalls vermessene, tölpelhafte Geister, die so folgern und
schließen: wo der Glaube nicht recht sei, da müsse auch die Taufe nicht recht
sein. Das ist gerade, als wollte ich derart schließen:" Wenn ich nicht glaube,
so ist Christus nichts"; oder so: "Wenn ich nicht gehorsam bin, so ist Vater
Mutter und Obrigkeit nichts." Ist das richtig geschlußfolgert, daß, wenn
jemand nicht tut, was er tun soll, deshalb die Sache an sich selbst nichts sein
und gelten soll? Lieber kehre es um und schlußfolgere vielmehr so: Eben deshalb
ist die Taufe etwas und ist recht, weil man's unrecht empfangen hat. Denn wenn
sie an sich selbst nicht recht wäre, könnte man sie nicht mißbrauchen und daran
sündigen. Es gilt also: "Abusus non tollit, sed confirmat substantiam." "Missbrauch
hebt das Wesen [einer Sache] nicht auf, sondern bestätigt es." Denn Gold bleibt
nichtsdestoweniger Gold, auch wenn es eine Dirne mit Sünde und Schande trägt.
Darum sei abschließend festgestellt, daß die Taufe allezeit recht und in
ihrem vollen Wesen erhalten bleibt, wenn auch nur ein einziger Mensch getauft
würde und dieser obendrein nicht rechtschaffen glaubt. Denn Gottes Ordnung und
Wort läßt sich nicht von Menschen umwandeln und ändern. Sie aber, die
Schwarmgeister, sind so verblendet, daß sie Gottes Wort und Gebot nicht sehen
und in der Taufe und in der Obrigkeit nichts weiter sehen als Wasser im Bach und
im Topf oder als einen andern Menschen; und solange sie keinen Glauben und
keinen Gehorsam sehen, soll es auch an und für sich nichts gelten. Dahinter
steckt ein heimlicher, aufrührerischer Teufel, der gerne der Obrigkeit die Krone
abreißen wollte, damit man sie nachher mit Füßen trete, und zunichte machen
möchte. Darum müssen wir wacker und gerüstet sein und dürfen uns nicht vom Wort
wegweisen noch abwenden lassen, damit wir die Taufe nicht lediglich ein bloßes
Zeichen sein lassen, wie die Schwärmer träumen.
Zuletzt muß man auch wissen, was die Taufe bedeutet und warum Gott gerade
ein solch äußerliches Zeichen und Handeln für dieses Sakrament anordnet, durch
das wir erstmals in die Christenheit aufgenommen werden. Das Werk aber oder die
Gebärde ist das: man senkt uns ins Wasser hinein, so daß es über uns hergeht,
und zieht uns nachher wieder heraus. Diese zwei Stücke, das Untersinken unters
Wasser und das Wiederherauskommen, deuten auf die Kraft und Wirkung der Taufe,
die nichts anderes sind als die Tötung des alten Adam, darnach die Auferstehung
des neuen Menschen. Beides soll unser Leben lang in uns weitergehen, so daß ein
christliches Leben nichts anderes ist als ein tägliches Taufen, das einmal
angefangen hat und in dem immer weitergegangen wird. Denn es muß ohne Unterlaß
so getan werden, daß man immer ausfegt, was vom alten Adam ist, und daß
hervorkommt, was zum neuen gehört. Was ist denn der alte Mensch? Er ist so, wie
er uns von Adam her angeboren ist: zornig, gehässig, neidisch, unkeusch, geizig,
faul, hoffärtig, ja er ist ungläubig, von allen Lastern besessen und hat von
Natur nichts Gutes an sich. Wenn wir nun in Christi Reich kommen, soll das
täglich abnehmen, so daß wir je länger desto milder, geduldiger, sanftmütiger
werden und dem Geiz, Haß, Neid und der Hoffart immer mehr Abbruch tun.
Dies ist der rechte Gebrauch der Taufe unter den Christen, wie er durch
dieses eintauchen ins Wasser angedeutet wird. Wenn nun solches nicht vor sich
geht, vielmehr dem alten Menschen der Zaum [und die Zügel] überlassen wird, so
daß er nur noch stärker wird, so heißt das: nicht die Taufe gebraucht sondern
der Taufe widerstrebt. Denn die außerhalb von Christus sind, können nichts
anderes tun als täglich ärger werden; so lautet ja auch das Sprichwort, und so
ist die Wahrheit: "Je mehr, desto ärger, je länger, desto böser.". Ist einer vor
einem Jahr stolz und begierig gewesen, so ist er heute noch viel geiziger und
stolzer, so daß die Untugend von Jugend auf mit ihm wächst und Fortschritte
macht. Ein junges Kind hat keine besondere Untugend an sich; wenn es aber
heranwächst, wird es unzüchtig und unkeusch; kommt es in sein volles
Mannesalter, so gehen die rechten Laster an, je länger, desto mehr. Darum lebt
sich der alte Mensch in seiner Natur unaufgehalten aus, wenn man nicht durch die
Kraft der Taufe ihm wehrt und ihn dämpft. Umgekehrt, wenn Menschen zu Christen
geworden sind, so nimmt er täglich ab, so lange, bis er ganz untergeht. Das
heißt recht in die Taufe hineingekrochen und täglich wieder daraus hervorkommen.
Somit ist das äußerliche Zeichen so eingerichtet, daß es nicht bloß kraftvoll
wirken, sondern zugleich auch auf etwas hindeuten soll. Wo nun der Glaube mit
seinen Früchten sich einstellt, da ist's nicht eine unbestimmte Bedeutung
(Sinnbild), sondern da ist die Wirkung dabei. Wo aber der Glaube nicht ist, da
bleibt es bloßes, unfruchtbares Zeichen.
Und hier siehst du, daß die Taufe sowohl mit ihrer Kraft als auch mit ihrer
Bedeutung zugleich das dritte Sakrament in sich einbegreift, wie man die Buße
genannt hat; ist diese doch eigentlich nichts anderes als die Taufe. Denn was
heißt Buße anderes, als den alten Menschen ernsthaft angreifen und in ein neues
Leben eintreten? Wenn du deshalb in der Buße lebst, so gehst du deinen Weg in
[Kraft] der Taufe, welche dieses neue Leben nicht bloß bedeutet, sondern auch
bewirkt, anhebt und weitertreibt. Denn in ihr wird Gnade, Geist und Kraft
gegeben, um den alten Menschen zu unterdrücken, damit der neue hervorkomme und
stark werde. Darum bleibt die Taufe immerfort bestehen, und obgleich jemand
davon abfällt und sündigt, so haben wir doch immer einen Zugang zu ihr, daß man
den alten Menschen wieder unter sich werfe. Aber mit Wasser braucht man uns
nicht mehr zu begießen. Denn wenn man sich auch hundertmal ins Wasser senken
ließe, so gibt es doch nicht mehr als eine einzige Taufe. Ihre Wirkung aber und
ihre Bedeutung geht weiter und bleibt bestehen. So ist die Buße nichts anderes
als ein Wiedergang (Rückkehr) und Wiederhinzutreten zur Taufe: man erneuert und
treibt aufs neue, was man vorher angefangen und wovon man doch abgelassen hatte.
Das sage ich deshalb, daß man nicht auf die Meinung komme, in der wir lange
Zeit gewesen sind, als wir wähnten, die Taufe wäre dann, wenn wir wieder in
Sünde gefallen sind, hinfällig, so daß man sie nicht mehr brauchen könne. Das
rührt daher, daß man auf nichts weiter sieht als auf das Werk, das einmal
geschehen ist. Und in Wahrheit ist es daher gekommen, daß der hl. Hieronymus
geschrieben hat, "die Buße ist das zweite Brett, auf dem wir hinaus schwimmen
und hinüberkommen müssen, nachdem das Schiff [der Taufe] zerbrochen ist", in das
wir treten und überfahren, wenn wir in die Christenheit kommen; mit diesem Satz
ist dann der Gebrauch der Taufe aufgehoben, so daß sie uns nichts mehr nützen
kann. Darum ist das nicht richtig gesagt; denn das Schiff zerbricht nicht, weil
es , wie gesagt, Gottes Ordnung und nicht unser Ding ist. Das aber geschieht
wohl, daß wir gleiten und herausfallen. Fällt aber jemand heraus, so sehe er
zu, daß er wieder hinzuschwimme und sich dran halte, bis er wieder hineinkommt
und darin weiterfahre, wie er vorher angefangen hatte.
So sieht man, wie ein hohes, vortreffliches Ding es um die Taufe ist: sie
reißt uns dem Teufel aus dem Hals, macht uns Gott zu eigen, dämpft die Sünde und
nimmt sie weg; darnach stärkt sie täglich den neuen Menschen und geht immer
weiter und bleibt, bis wir aus diesem Elend zur ewigen Herrlichkeit kommen.
Darum soll jeder die Taufe als sein tägliches Kleid ansehen, in dem er immerfort
gehen soll; er soll sich allezeit im Glauben und seinen Früchten finden lassen,
um den alten Menschen zu dämpfen und am neuen Menschen zu wachsen. Denn wollen
wir Christen sein, so müssen wir das Werk treiben, durch welches wir Christen
sind; fällt aber jemand davon ab, so komme er wieder herzu. Denn es ist so wie
bei Christus, dem Gnadenthron: er weicht nicht von uns und wehrt uns nicht,
wieder zu ihm zu kommen, obwohl wir gleich sündigen; so bleibt auch sein ganzer
Schatz und all seine Gabe bestehen. Wie man nun in der Taufe Vergebung der
Sünden einmal bekommen hat, so bleibt sie noch täglich, solange wir
leben, d.h. solange wir den alten Menschen am Hals tragen.